Messingenieur Olaf Binder und seine Kollegen sind draußen vor Ort in den Betrieben. Als Messtechnischer Dienst (MTD) der BG RCI. Dort führen sie neben Lärm- auch Gefahrstoffmessungen durch. Dabei gilt es, zu ermitteln, welche Stoffe die Luft belasten und ob dies Gefahrstoffe sind. Wenn ja, wird gemessen, ob entsprechende Grenzwerte eingehalten sind.

 

Herr Binder, wer kann Sie wann anfordern und warum?

Wir als Messtechnischer Dienst erhalten eine sogenannte Messanforderung ausschließlich von der Aufsichtsperson, die seitens der BG RCI für den betreffenden Mitgliedsbetrieb zuständig ist. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Ein Betrieb hat Interesse an einer Messung oder die Aufsichtsperson sieht Bedarf für eine Messung, z. B. wenn es bei Betriebsbesichtigungen Auffälligkeiten gibt und auch bei laufenden Verfahren zu Berufskrankheiten. Betriebe können die Aufsichtsperson ansprechen. Sie wird den Wunsch prüfen und ihn an uns weiterleiten.

Wie bereiten Sie Ihre Messtätigkeiten in Betrieben vor?

Wir sichten die Messanforderungen. Bei Unklarheiten wird Rücksprache mit der Aufsichtsperson gehalten. Anschließend nehmen wir Kontakt zu dem Unternehmen auf, meist telefonisch. Wir besprechen dann Details zu den zu bemessenden Arbeitsplätzen, zu den Gefahrstoffen und ihrem Einsatz und dem Ablauf der Messungen. Letzteres ist sehr wichtig, da dies für die Unternehmen häufig Neuland ist und sie natürlich genau wissen wollen, was da auf sie zukommt. Der Betrieb erhält vor dem vereinbarten Messbesuch noch ein entsprechendes Infoblatt per E-Mail.

 

Welche Herausforderungen und welche Gefahren gibt es dabei zu bedenken?

Wir „Messleute“ haben umfangreiches Equipment zu transportieren. Hier kommt das Thema Ladungssicherung ins Spiel. Im Betrieb stellt sich dann die Frage: Können wir wie abgesprochen gleich messen? Es kommt immer mal zu spontanen Störungen. Die Betreffende Anlage ist gerade defekt, der betreffende Rohstoff wurde gestern gar nicht nachgeliefert oder aufgrund der Bitte eines wichtigen Kunden wird doch etwas anderes produziert als besprochen. Da gilt es nun zu schauen: Können wir trotzdem vernünftig messen, können wir etwas nachstellen? Wenn ja, ist das eine typische Messung bzw. liefert uns diese auch brauchbare Informationen? Es gibt aber auch ganz konkrete stoffliche Gefahren, wie z. B. bei Lösemitteln, die eine explosionsfähige Atmosphäre bilden können. Hier dürfen wir dann nur bestimmte Geräte einsetzen, die für solche Gefahrenbereiche eine Zulassung besitzen. Die Stichworte sind hier Explosionsschutz und Explosionsschutzkonzept. Und dann natürlich die eigentlichen stofflichen Gefahren, weshalb wir diese Stoffe ja messen, z. B. wegen ihrer toxischen oder allergisierenden Eigenschaften. Hier gilt natürlich auch für uns, die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, einschließlich des Tragens der Persönlichen Schutzausrüstung.

Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit in Betrieben besonders wichtig?

Dass wir die Messung gut und repräsentativ durchführen können. Das Unternehmen muss im Vorfeld alle Gefahrstoffe benennen, die von Interesse sind. Wir prüfen dann, was messbar ist und wo das Messen Sinn macht. Und diese Stoffe sollten am Messtag natürlich auch eingesetzt werden. Dann brauchen wir für unsere Arbeit eine saubere, ruhige Ecke bzw. einen Raum mit Arbeitsfläche und Stromanschluss. Nicht weil wir es gern luxuriös haben, sondern weil auch der Aufbau und besonders das Einstellen und Hochfahren der Probenahmepumpen mit den Probenträgern eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, bei der man alle sieben Sinne beieinanderhaben muss. Außerdem ist Sauberkeit und Reinheit wichtig, denn wenn wir uns schon im Probelauf Gefahrstoffe auf die Probenträger bzw. deren Filter ziehen, ist die anschließende Messung kaum sinnvoll auswertbar.

 

Wie werden Mitarbeiter bei diesem Thema miteinbezogen?

Meistens werden sie von den betrieblichen Ansprechpartnern, mit denen wir die Messung besprochen haben, informiert und im Vorfeld eingebunden. Es gibt auch komplexere Messanforderungen, die vor Ort im Betrieb vorbesprochen werden. Hier werden die Mitarbeiter an den betreffenden Arbeitsplätzen häufig auch von uns schon angesprochen. Spätestens am Messtag werden sie von uns darüber informiert, was nun genau gemacht wird und warum. In vielen Fällen bitten wir sie dann auch, das Messequipment zu tragen, wie z. B. die Probenahmepumpe, Schläuche und Probenträger einschließlich -halter. Das sind dann die sogenannten personengetragenen Messungen (vergleiche Bild rechts), welche heutzutage im Vergleich zu früher vorgezogen werden sollen. Das andere sind die sogenannten stationären Messungen.

Was passiert nach den Messungen vor Ort?

Wir sammeln das Messequipment ein, überprüfen den Volumenstrom der Systeme, dokumentieren das und senden diese Angaben und viele andere Daten zur Messung per EDV an das Labor, das mit den Analysen beauftragt wird. Eventuell gibt es noch eine Nachbesprechung im Unternehmen. Dann werden natürlich noch die belegten Probenträger der Messungen verpackt und per Paketpost ins Labor gesandt. Im Unternehmen reinigen wir die Ausrüstung grob vor. Zu Hause am jeweiligen BG-Standort, für mich speziell Köln, wird dann alles feingereinigt, gewaschen und zum Teil desinfiziert. Die Pumpen werden neu aufgeladen und alles für den nächsten Einsatz bereitgelegt.

 

Welche Schutzmaßnahmen in Betrieben zum Thema Luftreinheit finden Sie besonders sinnvoll und warum?

Die beste Schutzmaßnahme ist selbstverständlich der Ersatz der gefährlichen Stoffe gegen ungefährliche, gefolgt von der Handhabung der Gefahrstoffe in geschlossenen Systemen, so dass nichts freigesetzt werden kann. Dies ist leider nur manchmal möglich. Oft bleibt nichts anderes übrig, als die „unreine“ Luft, also die gefahrstoffbelastete Luft am Arbeitsplatz, punktuell abzusaugen. Auch hier gibt es pfiffige Systeme, bei denen die Absaugrüssel optimiert sind, nicht nur mit Absaugung, sondern kombiniert mit gezielter Zuluft gearbeitet wird und so stabile Luftströmungen erzeugt werden können. Die können die Gefahrstoffe vom Beschäftigten wegsaugen, ohne allzu große Querluftempfindlichkeiten.

Was würden Sie Mitarbeitern zum Thema „Ist die Luft rein?“ empfehlen?

Den Mitarbeitern empfehle ich, selber einmal den eigenen Arbeitsplatz durch die „Gefahrstoffbrille“ anzuschauen und zu überlegen, ob er oder sie und die Kolleginnen und Kollegen gut informiert und geschützt sind. Kommen da Unklarheiten und Fragen auf, sollten die Betroffenen sich nicht scheuen, Vorgesetzte und andere betriebliche Ansprechpartner anzusprechen und ihre Fragen zu stellen bzw. ihre Hinweise zu geben. Häufig entdecken gerade diejenigen, die die Arbeit vor Ort ausführen, noch Verbesserungsbedarf. Die Schutzmaßnahmen wie z. B. Absaugungen und Persönliche Schutzausrüstungen müssen natürlich genutzt werden. Dies ist nicht nur empfehlenswert, sondern oft verpflichtend. Und das machen Chefs nicht, um ihre Mitarbeitenden zu ärgern, sondern weil sie geschützt werden sollen. Abgesehen davon ist die Geschäftsführung rechtlich gesehen zur Fürsorge gegenüber den Mitarbeitenden verpflichtet.

 

Mehr dazu unter:

www.bgrci.de,

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